Pfarrkolumne

Honeymoon

In der neuen Pfarrkolumne spürt Dominique Guenin dem Wonnemonat Mai nach.

Der «Wonnemonat Mai» ist sprichwörtlich geworden. Im Mittelalter wird das im übertragenen Sinn auf die Liebe Christi zur Kirche angewendet. Diese Anwendung kommt dazu, sie ersetzt nicht die alltägliche, ebenso wichtige: «Alles neu macht der Mai».

Wir feiern im Mai mit Pfingsten den Geburtstag der Kirche. In Kapitel 2 der Apostelgeschichte werden die Glaubenden von Begeisterung erfasst. Die Darstellung in der Kunst mit Flämmchen über ihnen allen ist bildhafte Sprache, wie wir sie heute noch brauchen, wenn wir von Menschen sagen: Sie „sind Feuer und Flamme“!

Pfingsten ist so unfassbar wie der Heilige Geist. Manche haben Mühe mit der Dreieinigkeit von «Vater, Sohn und Heilig Geist» und finden, den Heiligen Geist könne man eigentlich weglassen: zu abstrakt! Was soll man denn an Pfingsten feiern? Geburtstag der Kirche? Die Begeisterung lieber weglassen? Wo ist sie denn?

Die Liebe ist auch nicht fassbar. Sie ergreift uns.

Der blühende Baum im Mai ist mir ein Gleichnis, von dem ich ergriffen werde: Unvergesslich das Glücksgefühl beim Anblick blühender Kirschbäume im Baselbiet, wo ich aufgewachsen bin. - Eben wird mein Elternhaus verkauft. Liebe und Schmerz, beide sind sie nicht fassbar, aber sehr spürbar.

Es muss eine gewaltige Kraftaufwendung für einen Baum sein, so überbordend zu blühen. Nicht im Tun und Willen, sondern im geschehen Lassen. Baum in Ekstase! Bienen in Ekstase! Hochzeit! Sie muss mit Freude zu tun haben, diese Aufregung. Es ist Kraftfreisetzung, nicht eine Gewalt, die Freude und Leben zerstört. Gewalt und Freude sind sich feind. «Honeymoon» muss leicht sein, ein Schweben im siebten Himmel!

Wie die Blüte bei immer noch möglichem Frost und wie die Liebe geschieht die Heilige Geistkraft trotz ihrer Gefährdung. Wirklich! Sie wird «eine Trösterin, Erwärmerin, Heilkraft» genannt. Diese Wirkungen Heiligen Geistes sind beschrieben in der «Pfingst-Sequenz». Nachzulesen im Katholischen Gesangbuch unter der Nummer 493.

Heilige Geistkraft ist die Lebenskraft der Kirche. Sie ist umfassender und weiter als nur in Bezug auf eine Kirche allein, ekstatischer, überwältigend in Licht und Farbe, in tiefem und hohem Glück! Ich kenne diese Farben als Ausdruck für Pfingsten aus dem grossartigen Fenster über dem Ausgang der katholischen Kirche Murten, mit der Erinnerung an eine sehr intensiv gelebte ökumenische Verbundenheit, an ein Glücken des Glaubens.

Solches ist gefährdet wie jede Blütezeit, wie Leben überhaupt.

Bei den Israeliten ist der Mandelbaum ein Symbol für neues Leben: „Jeremia, was siehst du? - Ich sprach: Ich sehe einen erwachenden Zweig. – Gott sprach zu mir: Du hast recht gesehen; denn ich will wachen über meinem Wort, dass ich’s tue.“ (Jeremia 1,11f).

Trotz der bis um die „Eisheiligen“ (11.-15. Mai) nachts nie ganz auszuschliessenden Eiseskälte nehme ich gerne und entschieden dieses andere wahr: Du sollst leben in Fülle, Freude sei mit Dir und Wonne, «wenn der Mandelbaum blüht»!  

Dominique Guenin