Am 1. und 2. November 2025 werden wir in Münchenbuchsee das 70-jährige Jubiläum der Bernischen Waldenserhilfe feiern. Die Moderatora (Synodalratspräsidentin) Alessandra Trotta wird uns am Samstagabend aus Rom besuchen und wir werden am Sonntag, dem Reformationssonntag, einen Jubiläumsgottesdienst feiern.
Die Waldenserkirche ist eigentlich die älteste Kirche, die reformiertes Gedankengut vertritt, lange vor der Reformation. Waldes von Lyon, Gründer der Bewegung, liess nach 1170 die Bibel in den provenzalischen Dialekt übersetzen, den die Leute sprachen und begann mit anderen Laien zusammen das Evangelium zu predigen, wurde aber rasch verfolgt durch die katholische Inquisition.
«Sola scriptura» - «allein die Schrift» ist einer der Grundpfeiler der Reformationsbewegung. Die Orientierung allein an der Bibel und nicht das unbedingte Festhalten an der kirchlichen Tradition sind auch bestimmend für die Reformation.
1532 schloss sich die Waldenserkirche, die bis zu diesem Zeitpunkt eher eine Untergrundbewegung war, an die Genfer Reformation an. Wilhelm Farel, Mitarbeiter von Johannes Calvin und Neuenburger Reformator, nahm an der Synode in Chanforan in den Waldensertälern teil. Die Waldenser schlossen sich ganz der Reformation schweizerischer Ausprägung an und begannen nun Ortsgemeinden zu bilden und Kirchen zu bauen. Die Prediger wurden bald in Genf ausgebildet.
Als die Waldenser vor der Verfolgung 1686 aus ihrer Heimat über den Genfersee in die Schweiz und z.T. weiter nach Deutschland fliehen mussten, wurden die Verbindungen zu den Schweizer und Deutschen Reformierten noch intensiver. 1689 konnten die Waldenser dank politischer Hilfe des protestantischen Europas wieder in die Waldensertäler des Piemonts zurückkehren.
Die engen Verbindungen zwischen Waldensern und uns Schweizer Reformierten sind heute noch vorhanden. Etliche Pfarrkolleginnen und -kollegen haben in Rom an der Waldenserfakultät studiert und wertvolle Impulse nach Hause gebracht. Das starke soziales Engagement der Waldenser in der Gesellschaft mit dem Betreiben von Altersheimen, Schulen, Kindergärten, Behinderteneinrichtungen, Spitälern und der Arbeit mit Migranten ist eindrücklich und ihre Zusammenarbeit mit Kirchen und Bewegungen aus der ganzen Welt zeugt von ihrer geistigen Offenheit.
Im nächsten Jahr werden wir mit der Kirchgemeinde eine Gemeindereise in die Toskana anbieten. Da werden wir sicher auch die eine oder andere Waldensergemeinde besuchen. Vielleicht sind Sie ja auch dabei und nehmen an dieser Reise teil!
Thomas Josi