Weihnachten ist noch nicht vorbei! Am 6. Januar ist noch so ein Termin: „Epiphanias“, mit viel Licht! Es geht darum, dass „Lichtglanz Gottes die Menschen umleuchtet“, wie es in der Weihnachtsgeschichte heisst. In Italien feiern sie dann mit Bescherung. Wir feiern Dreikönig, dank einer genialen Bäcker-Initiative mit Dreikönigskuchen. Und in Griechenland wird am 6. Januar der Taufe Jesu gedacht: Ein goldenes Kreuz feierlich in den Fluss geworfen und wieder geborgen. Der Weihnachtsfestkreis geht sogar bis am 2. Februar, bis „Mariä Lichtmess“: Kerzenweihe und Prozession mit Kerzen am „vierzigsten Tag der Weihnachtszeit“, traditionell mit Gedenken an die Präsentation des Kindes Jesus im Tempel.
So war ich sehr gespannt auf eine Taufe mit griechischem Götti, der die Taufkerze beisteuern wollte. Ich wusste ja nicht, wie eine griechische Taufkerze aussieht. Wohl reich verziert, mit Gold, sicher Heiligenbildchen drauf, eine Muttergottes in Blau, vielleicht ein Hagios Nikolaos in Rot mit prächtigem Bart und griechischen Kreuzen.
Praktisch hatten wir dann an dem Sonntag ganz andere Probleme. Der Taufpate aus Griechenland war nicht da, die Kerze folglich auch nicht. Die Familie mit dem zu taufenden Mädchen entsprechend beunruhigt, ich äusserlich freundlich besänftigend und innerlich nervös nach möglichen Alternativen suchend. Hoffentlich ist ihm nichts passiert! Was soll ich im Gottesdienst dazu sagen?
Die andere Tauffamilie, kein Problem! Alle da, Taufkerze von der Kirchgemeinde, wie immer. Ich hab’s gerne so, wie ich das so gewohnt bin. Aber selbstverständlich bin ich offen für persönliche Beiträge, zu denen ich im Taufgespräch geradezu ermuntere, weil ich das grundsätzlich gut finde und sympathisch. Nur: Obacht, wenn’s nicht klappt! Pfarr-personen brauchen Vertrauen, gewiss. Und Flexiblität, aber sicher!!!
Die Glocken hatten schon ausgeläutet, die Vertretung für den fehlenden Götti hätte der Grosspapi übernommen, eine zweite Kerze fand sich im Rückwärtigen der Kirche in einer Schublade, und im Geiste hatte ich flugs eine Fürbitte für den griechischen Paten zu Faden geschlagen. Da kam er, atemlos und völlig verschwitzt. Und hatte die Taufkerze mit: Ein riesiger, weisser Elefantenzahn, krumm wie eine Banane! Der ordentliche Flug aus Athen war ausgefallen, Ersatzflug zu spät, Sitzplatz mit Kerze grad über der Heizung… Aber der Götti war da! Welch eine Erleichterung!
Und jetzt, wohin mit der Kerze? Der übliche Kerzenständer war für wesentlich dünnere Modelle ausgelegt. Der Sigrist reagierte schnell und praktisch: So wurde der griechische Elefantenzahn mit ausladendem weissem Röckli als Tropfschutz feierlich in einer Granini-Flasche auf dem Abendmahlstisch platziert, neben der kirchgemeindeeigenen Taufgarnitur für die andere Familie, sehr zur Belustigung der Gemeinde, Sprüche wollten kommen… Ich sagte schnell etwas von Ökumene und Unterschieden im Äussern, Einigkeit aber im Geiste, und dass Gott gerade schreibe auf krumme Zeilen. Ich war noch nie so froh über ein Orgel-Eingangsspiel.
So viel Aufwand und Überlegungen wegen einer Kerze! Ist man denn da noch beim Wesentlichen? Nicht umsonst hatte Huldrych Zwingli gewettert: „Mönchen, Kutten, Pfaffen, Pfunzeln sind Zünselwerk! Gottes Wort allein soll gelten!“ Das steht aber auch nicht in der Bibel. So bin ich da nicht so streng. Und ein erleichtert-erheiterndes Schmunzeln tut der Kirche auch gut. Brauchtum und das Leben, wie es so spielt. Alle waren wir nur einfach froh, dass der Götti Gott sei Dank wohlbehalten da war. Ende gut, alles gut!
Dominique Guenin