Obwohl ich in der geschützten und sehr geordneten Schweiz lebe, bereiten mir die Entwicklungen in der Welt schon Sorge. Manchmal frage ich mich, wie es wohl in ein paar Jahren für die Kinder und Jugendlichen sein wird, mit denen ich in der Unterweisung über Menschenrechte und das gute Zusammenleben spreche. Werden sie beides noch erleben?
Im Moment, in dem ich diese Zeilen schreibe, weiss ich noch nicht, wie im November die Wahlen in Amerika ausgehen werden. Ich weiss aber, dass in der Ukraine und in Israel der Krieg wütet, dass in vielen Ländern diktatorische Regimes Macht und Kontrolle übernehmen und in Deutschland die AfD Erfolge feiert. Das alles ist nicht gerade weihnachtlich.
Im Normalfall lässt man die politischen Abgründe und die menschlichen Verwirrungen in der Adventszeit aussen vor. Sie passen irgendwie nicht in die vorweihnachtliche Stimmung. Wir zünden zuhause Kerzen an, essen etwas Gutes oder geniessen das Zusammensein in guter Gesellschaft. Das ist natürlich keineswegs falsch, aber wir könnten noch weiter gehen. Wir könnten die Zeit der längeren Nächte nutzen, um unserem inneren Licht etwas mehr auf die Spur zu kommen.
Wir könnten unseren Alltag trotz allen Anforderungen ein bisschen entschleunigen und eigene Erwartungen herunterfahren. Wir könnten versuchen, es auch mal gut sein zu lassen. Wir könnten uns, so wie wir sind, annehmen – denn so sind wir auch von Gott angenommen. Dann finden wir in uns eine Kraft, die leuchtet und uns verbindet.
Diese Kraft verbindet uns mit dem Leben. Mit den Bäumen, dem Himmel und dem Nebel, mit den Menschen mit ihren Tiefen und Höhen. Denn es gibt in der Menschheit neben den Abgründen auch das andere. Die Musik, die Kunst, den Frieden. Und dafür lohnt es sich hinzustehen. Lassen wir uns nicht von den eigennützigen Interessen der Wenigen klein machen. Lassen wir unser inneres Lichtlein leuchten. Hinaus in die weihnachtliche Zeit.
Dann dürfen wir hoffen, dass Christus in uns zur Welt kommt, und dass wir in dieser widersprüchlichen Welt lebendig bleiben. «Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem» (Röm 12,21). Wenn dann unser Licht in die Welt scheint, dann wird es sich früher oder später mit anderen Lichtern verbinden und eine friedvollere Zukunft bauen. Martin Stüdeli