Kolumne

Suchen und Finden

In der April-​Kolumne denkt Mar­tin Stü­deli über das Thema der Kin­der­wo­che nach.

Unter dem Thema «Suchen und Finden» führen wir im April die Kinderwoche durch. Das Thema, das zunächst nach lustigen Suchspielen klingt, spricht auch eine tiefe religiöse Weisheit aus: Wir suchen ebenso nach Gott wie auch Gott nach uns sucht.

Heute stellen wir uns gerne vor, dass wir selbst nach unseren Zielen suchen – sei das Sinn, Erfüllung, Erfolg oder Glück. Das Bewusstsein, dass wir gesucht werden, ist in unserer betriebsamen Zeit etwas abhandengekommen oder höchstens als Überwachungsangst da.

Wenn wir uns aber einen Gott vorstellen, der uns sucht und uns entgegenkommt, so wie der gute Hirte im Gleichnis das verlorene Schaf sucht (Lk 15,4-7), dann geht es nicht um Überwachung, sondern um eine Beziehung. Stellen Sie sich vor, dass Gott Sie sucht. Durch Ihren Alltag, durch alle Ablenkungen, durch Zweifel, Unsicherheit und durch Ihren eigenen Aktivismus hindurch. Stellen Sie sich vor, dass da ein Gott ist, dem das alles egal ist und der einfach nur Ihnen begegnen will. Stellen Sie sich nur einmal vor, dass Gott ein Suchender ist.

Das ist dann ein Gott in Bewegung. Ein Gott, der mit Ihnen in Beziehung treten will. Und es spielt keine Rolle, ob Sie dabei tatsächlich an einen «Gott» denken, an eine Lebens- oder Liebeskraft oder an eine verbindende Macht. In uns verändert sich nämlich die Grundhaltung, wenn wir von einer wohlwollenden, suchenden, geistigen Macht ausgehen und nicht vom Zufallsprinzip oder einem automatischen Mechanismus. Wir fühlen uns angenommen und als Teil eines grösseren lebendigen Zusammenhangs. Das nimmt viel Druck und Stress aus unserem Alltag. Vor uns öffnet sich eine Weite, die uns erlaubt, auch selbst Suchende zu bleiben. Denn wir suchen und finden ja fortlaufend. Als Kinder haben wir anders gesucht und gefunden als wir heute suchen und finden.

In der Kinderwoche möchten wir die Leichtigkeit leben, die im Suchen und Finden liegt. Wir möchten auch die Weite, die in einer offenen und lebendigen Grundhaltung liegt, zugänglich machen. Wir werden Geschichten des Suchens und Findens aus der Bibel erzählen, zusammen werken, singen und feiern, und vor allem durch unsere Haltung zeigen, wie belebend und bereichernd gemeinsames Suchen und Finden sein kann.

Und vielleicht ist genau das die Herausforderung unserer Zeit: Eine Spiritualität, die weder auf vorgegebene Richtlinien noch auf Beliebigkeit setzt, sondern auf eine suchende, lebendige Beziehung – zu sich selbst, zu anderen und zu einer grösseren Wirklichkeit.

Martin Stüdeli