Der Begriff «Autismus» kommt vom griechischen Wort «autos», was so viel wie «selbst» meint.
Der Namensgeber Leo Kanner beschrieb 1943 damit Kinder, die in sich verschlossen schienen und auf Betreuung angewiesen waren. Hans Asperger untersuchte zeitgleich ähnliche, aber eher selbständige Kinder. Sie wurden als hochfunktionale oder Asperger-Autist*innen bezeichnet.
Noch in den 1960er Jahren ging man davon aus, dass etwa 4 von 10'000 Personen autistisch sind. Heute wissen wir, dass das Verhältnis eher bei 1:50 liegt. Autismus ist keine Seltenheit.
Seit den 1980er Jahren werden alle Formen von Autismus unter dem Begriff «Autismus-Spektrum-Störung» (ASS) gebündelt. Autismus ist aber keine Störung, sondern lediglich eine andere «Verdrahtung» des Gehirns, weshalb wir die neutralere Bezeichnung «Autismus-Spektrum-Veranlagung» (ASV) empfehlen.
Autismus ist auch deshalb nur bedingt eine Störung, weil Autist*innen in einem geeigneten Rahmen oft ziemlich gut zurecht kommen. Zu Störungen oder Behinderung kommt es meist erst in der Konfrontation mit einer reizüberfluteten und unberechenbaren Umwelt.
Autismus ist ein Spektrum, weil es die ASV in unterschiedlichen Ausprägungen gibt. Ein Sprichwort besagt: «Kennst Du eine Autistin, kennst Du eine Autistin.» Menschen, die in diesem Spektrum sind, können sehr unterschiedlich sein. So gibt es etwa Autist*innen, die gar nicht sprechen, während andere sich ausgesprochen gut mündlich mitteilen können.
Bei allen Unterschieden haben Menschen im Autistischen Spektrum auch Gemeinsamkeiten. Dazu gehören andere Formen der Kommunikation sowie ein anderes Bedürfnis nach Nähe. Auch wiederholendes Verhalten (sog. Stimmming) kommt häufig vor. Genauso wie eine grosse Leidenschaft für Spezialinteressen.
Bei 98% aller Autist*innen wurde zudem eine veränderte Sinneswahrnehmung beobachtet. Häufig nehmen Autist*innen die Welt intensiver und ungefiltert wahr. In dieser Hochsensibilität vermuten nicht wenige einen wesentlichen Schlüssen zum besseren Verständnis der ASV.
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Tobias Zehnder, Pfarrer im Autistischen Spektrum
(Stand 1. August 2024)
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